Radio Oberland

Nachfolgendes Porträt von Radio Oberland verfasste
Thomas Kircher (FM Kompakt) nach einem Besuch bei
Hansi Klöckner im September 2014

SENDESTART: Oktober 1976 / SENDESCHLUSS: März 1993

SITZ: zunächst Schaubachhütte (Sulden); später Goldrain

EIGENTÜMER / INHABER: Hansi Klöckner


Hansi Klöckner erinnert sich noch genau an die Geburt einer fantastischen Idee – einer Idee, aus der später „Radio Oberland“ entstehen sollte. Damals im Oktober 1976 hörte er auf der Schaubachhütte, gelegen auf rund 2500 Metern oberhalb von Sulden, die italienischen Nachrichten. Plötzlich lief eine Meldung, die ihn aufhorchen ließ: "Das Parlament in Rom hat festgestellt, dass jeder auf UKW senden kann und somit einen Sender betreiben darf."

Hansi, damals Wirt der Schaubachhütte, konnte das anfangs kaum glauben. Deshalb vergewisserte er sich, und bekam die Sachlage tatsächlich bestätigt. Er nahm umgehend Kontakt zu einem Bekannten auf, der nicht nur Briefträger, sondern vor allem Bastler war. Innerhalb von 24 Stunden baute dieser ihm einen kleinen Sender. Schnell hatte sich Hansi die weiteren notwendigen Geräte besorgt: einen Cassetten-Wechsler, ein Mikrofon und ein Mischpult. Bereits am folgenden Abend ging man live auf Sendung.  

Radio Oberland machte vom Start weg gratis Werbung für die Sulden Seilbahn (u.a. die Verbindung mit der Schaubachhütte). Dafür erhielt man im Gegenzug - ebenfalls gratis - konstanten Strom sowie kostenlose Nutzung der Seilbahn. Radio Oberland sendete über drei Umsetzer und erreichte folgende Regionen: Stilfs,Kastelbell bis Meran und Schnalstal, den gesamten Vinschgau zwischen Meran bis ins österreichische Landeck und das Schweizer Engadin.

Das Team der Station bestand vorwiegend aus Hansi und dessen Ehefrau. Aber auch Reinhard Eller brachte sich mit viel Freude und Herzblut ins Programm ein. Reinhard wuchs bei der Familie Klöckner auf und war wie der eigene Sohn für das Ehepaar. Mit viel Freude sah Hansi, wie Reinhard nach und nach die Arbeiten innerhalb des Senders übernahm. 

Radio Oberland versuchte sich vorübergehend auch mit Probesendungen in Richtung Deutschland. Anfang der 90er Jahre nutzte man dafür die Königspitze, indem man dank Reflexionen an der Eiswand des Berges in München gehört werden konnte. Es blieb jedoch bei diesen Versuchssendungen. Kurze Zeit war auch die Errichtung eines Umsetzers in Richtung Deutschland auf der Reschner Alm geplant. Dieses Vorhaben wurde jedoch nie verwirklicht und später auch verworfen.

Etwa 1985 wurde das Studio von der Schaubachhütte hinunter nach Goldrain verlegt. Hansi Klöckners Ehefrau  zog sich von diesem Zeitpunkt an vom Radio weitgehend zurück. Dafür übernahm Reinhardt Eller immer mehr Aufgaben innerhalb des Senders. Von Nachrichten über Moderation bis hin zur Musikzusammenstellung waren es im Lauf der Jahre etwa 90% des kompletten Sendebetriebes, die in den Händen von Reinhardt lagen. Deswegen war auch schon geplant, dass Reinhardt als würdiger Nachfolger von Hansi Klöckner den Sender in absehbarer Zeit übernehmen würde.

Doch das Schicksal wollte es anders: Frau Klöckner fand eines Tages Reinhardt Eller tot in seiner Wohnung. Er hatte sich das Leben genommen. Dieser tragische Vorfall bedeutete schließlich auch das Ende für die beliebte Radiostation


Schock und Trauer saßen derart tief, dass sich Hansi Klöckner noch am Todestag von Reinhardt entschloss (17. März 1993), die Stecker zu ziehen und den Sendebetrieb von Radio Oberland für immer einzustellen. Zuvor gab es noch eine kurze Ansage zur Abschaltung des beliebten Südtiroler Radiosenders. Im Lauf der kommenden Tage und Wochen meldeten sich u.a. der Burggräfler Landfunk, Radio Tirol und andere Stationen, die die freigewordenen Frequenzen kaufen wollten. Hansi Klöckner wollte den Sender jedoch an jemanden aus der Region "Oberland" abtreten. Da kam praktisch nur Rudi Lösch von Tele Radio Vinschgau in Frage. Außerdem spielte TRV damals ebenfalls hauptsächlich Schlager und Volksmusik. An Rudi Lösch wurden die Frequenzen, die Umsetzer, die Mischpulte und auch die Schallplatten verkauft.

Bereits 1993 ging Hansi Klöckner nach Langtaufers (Reschenpass). Seine Frau stammt aus dieser Region. Hier ist Hansi seither Wirt des Gasthauses und Hotels "Alpenfriede". Das Anwesen in Goldrain wurde verkauft, die Bewirtung der Schaubachhütte gab man schließlich 1996 zurück.

Hansi Klöckner hat sich diverse Erinnerungen an seine Pionierarbeit aufbewahrt. Ein Museum mit Geräten aus der damaligen Zeit ist geplant und befindet sich im Aufbau.

Thomas Kircher   (Das Copyright für den Text und die Bilder auf dieser Seite liegt beim Autor
)

Lks.: Die Schaubachhütte oberhalb von Sulden; Mitte: Blick in das Studio; Re.: Hansi Klöckner (lks.) mit Reinhardt Eller