Radio Nord
SENDESTART: 21. September 1977
SENDESCHLUSS: noch aktiv
SITZ: Florenzstrasse 7, 39100 Bozen;
Claudia-Augusta-Strasse, 39100 Bozen
EIGENTÜMER / INHABER: 1977 bis 1979: Karl Thalmann,
Giorgio Marchetti, Athos Spoto; ab September 1980: Karl Thalmann
Gegründet wurde Radio Nord am 21. September 1977 durch Karl Thalmann,
Giorgio Marchetti und Athos Spoto. Alle drei
wiesen zu diesem
Zeitpunkt bereits einige Erfahrung auf dem Gebiet
des neu entstandenen Radiomarktes auf. Karl
Thalmannn war beruflich zunächst als Finanzbeamter, dann bei der Sparkasse
tätig, Athos Spoto ein Publizist und Giorgio Marchetti Angestellter der
Post.
Karl Thalmann war neben seinem bürgerlichen Beruf auch
passionierter CB Funker und Vorstandsmitglied des örtlichen CB Funker-Vereins.
Die Leidenschaft für Technik und für das Funkwesen führte dann auch 1976
bereits zur Gründung eines ersten Radiosenders, Radio Sperimental
Rosengarten, in Leifers. An der Gründung dieses
Radios waren auch die drei späteren Gründer von Radio Nord beteiligt.
Alle drei stiegen nach rund einem
Jahr nach der Gründung von Radio Sperimentale Rosengarten bei
diesem Sender aus und gründeten ihre eigene Station.
Zunächst nutzte Radio Nord bei Gründung den Dachboden eines Bekannten
in der Florenzstrasse in Bozen. Mitte der 80iger Jahre wechselte man dann
in neue Studioräumlichkeiten in die Claudia-Augusta-Strasse in Bozen.
Radio Nord wurde als offene Handelsgesellschaft geführt,
die am 05. November 1977 in das Presseregister des
Landesgerichtes Bozen eingetragen wurde.
Radio Nord produzierte von Anfang an ein zweisprachiges Programm in
Deutsch und in Italienisch. Grund hierfür war, dass man sich bewusst war,
dass die Landeshauptstadt Bozen mehr als jede andere Stadt in Südtirol
einen hohen Bevölkerungsanteil italienischsprachiger Einwohner hat,
und man beide Bevölkerungsschichten erreichen wollte. Deshalb
wurden auch von Beginn an Nachrichten zweisprachig gesendet. Es wurden
extra zwei Studios eingerichtet, aus denen jeweils Nachrichten in der
jeweiligen Sprache kamen.
Ab 1978 wurden
das deutsche und das italienische Programm auf verschiedene Frequenzen
unterteilt und als Radio Nord 1 und Radio Nord 2
ausgestrahlt. Von 00.00 Uhr bis 07.00 Uhr wurden die beiden Kanäle
zusammengeschaltet. Durch die Aufspaltung in zwei eigenständige Kanäle
während des Tagesprogramms versprachen sich die drei Besitzer eine
deutliche Steigerung der Hörerzahlen und auch finanzielle Vorteile durch
eine größere Anzahl von Werbekunden.
Allerdings führten dann Unstimmigkeiten zwischen den drei Teilhabern im
September 1980 dazu, dass die beiden deutschsprachigen und
italienischsprachigen Kanäle rechtlich komplett getrennt wurden. Thalmann
wollte von Beginn an ein unpolitisches Radioprogramm gestalten, was er
nach dem Einstieg weiterer Mitglieder bei Radio Nord 1 und Radio Nord 2
als nicht mehr gewährleistet sah. Thalmann führte fortan Radio Nord als
deutschen Sender und unter dieser Bezeichnung alleine weiter, Spoto und
Marchetti übernahmen das italienischsprachige Programm, welches ab 1981
unter dem Namen Radio NBC sendete. Hinzu gestoßen
war zu dieser Zeit bereits der damalige Alto-Adige-Journalist Mario
Bertoldi.
Das deutschsprachige Radio Nord sendete von Beginn an ein
Programm für die Bevölkerung ab einem Alter von 30 Jahren aufwärts,
insbesondere deutsche und englische Schlager, volkstümliche Musik und
Volksmusik. Populär war die volkstümliche Sendung
„Halle Freunde“, in der Südtiroler Orte und Sehenswürdigkeiten vorgestellt
wurden. Auch Wunschsendungen waren besonders
beliebt bei den Hörern.
Von Beginn an
sendete Radio Nord auch Nachrichten, die dreimal am Tag in jeweils 20
Minuten Blöcken ausgestrahlt wurden. Die
Nachrichten selbst holte man sich vom Teletextdienst, da die Kosten für
ein Abonnement bei einer Presseagentur zu kostspielig war.
Zusätzlich gab es auch wöchentlich eine ausführliche
Sportzusammenfassung.
Zeitweise gab es auch Spezialsendungen, wie
die Sendung „Hard Rock Revolution“ oder auch „New Wave Shop“.
Ab Sommer 1993 übernahm Radio Nord in den
Nacht- und Vormittagsstunden "RTL -
Der Oldiesender" aus Stuttgart.
Zu Beginn 1977 betrug die Sendeleistung von Radio Nord 100 Watt,
und man hatte lediglich einen Umsetzer. Im Laufe
der Zeit kamen fünf weitere Umsetzer hinzu.
Anfangs war Radio Nord lediglich in Bozen und
unmittelbarer Umgebung zu hören. Später war man auch im Meraner Raum und
im Großteil des Eisacktales empfangbar sowie ein
Stück weit in das Pustertal hinein bis Vintl.
Nach der Trennung des
deutschsprachigen und des italienischen Radios in
zwei eigenständige Radiostationen hatte Radio Nord als kleiner Sender
dauerhaft Schwierigkeiten, finanziell zu überleben. Die Zahl der
ehrenamtlichen Mitarbeiter sank nach der Trennung beider Radios von rund
60 Mitarbeiter immer mehr. Anfangs profitierte
Radio Nord noch stark von der Anziehung eines neuen Mediums, so dass es
immer rund zehn freiwillige Mitarbeiter gab,
zumeist Studenten und Schüler, die das Programm bei Radio Nord bestritten.
Eine Bezahlung erfolgte nicht, die Mitarbeiter arbeiteten ehrenamtlich bei
Radio Nord.
Die Finanzierung von Radio Nord war niemals
ausschließlich durch Werbeeinnahmen möglich. Thalmann musste regelmäßig
Eigenkapital in den Sender investieren, damit
dieser angesichts der großen Konkurrenz
überhaupt überleben konnte.
Thalmann war es jedoch von Beginn an wichtig, unabhängig zu bleiben und
sich nicht abhängig von Geldgebern zu machen.
2018 verkaufte Radio
Nord seine zwei leistungsstärksten Frequenzen an
RMI/Athesia und sendet lediglich noch auf der schwachen
Frequenz 105.8 MHz.
Reiner Palma
(Die Informationen entstammen
einem Gespräch mit Karl Thalmann)
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